Matthäus 24,32-44

 

 

Gliederung

× Wachet, denn nur der Vater weiß den Tag (VV. 32-36)

× Wachet, denn der Alltag schläfert ein (VV. 37-39)

× Wachet, denn heute entscheiden wir für morgen (VV. 40-44)

 

Wachet, denn nur der Vater weiß den Tag (VV. 32-36)

Bild des Feigenbaums:

Wie so oft gebraucht Jesus ein Bild aus der Natur. Am Feigenbaum lernt: das heißt doch, daß wir in dieser Sache noch lange nicht alles verstehen. So sollen wir uns von Jesus lehren lassen, daß die Natur schon zeigt, daß der Sommer im Kommen ist. Wie lange es noch dauert, bis der Winter und Frühling ganz vertrieben sind ist unklar. Wenn jedoch die Blätter herauskommen, sind die Vorboten des Sommers zu sehen.

Exkurs: In Jer 8, 13 wird der Feigenbaum als Bild für Israel gebraucht. Auch in Luk. 13,6-9 wird deutlich, wie es mit Israel (Feigenbaum) steht. Eine letzte Frist ist Israel gegeben. Jesus sucht nach Frucht in Israel, die zur Verherrlichung Gottes dient. In Matth. 21,18+19 wird deutlich, daß der Feigenbaum in der jetzigen Form keine Frucht bringen kann. Das Volk Israel ist beiseite gestellt. Die Zeit der Heiden hat begonnen.

Doch wird die Zeit kommen" in der Israel wieder grünen wird (siehe Röm 9-1 1). Nicht nur grünen, auch Frucht bringen. Seit der Staatsgründung 1949 "grünt" Israel. Der Sommer ist nahe. Im Bild gesprochen bedeutet das: Die Zeit der saftigen und besten Ernte (Frühfeigen und Spätfeigen) steht vor der Tür.

Wie sieht es um Israel? Israel mahnt uns als 'Zeiger an der Weltenuhr' : Sei bereit, sei wachsam, der Herr ist nahe!

Aktualisierung:

1. Wir sollen auch in unserer Zeit Zeichen beobachten und deuten.

Wo sind Zeichen unserer Zeit?

- Israel

- Erdbeben

- Kriege

- Welteinheitskirche

aber: Jedes Zeitalter hatte eine Endzeiterwartung: Hilft, um bereit zu sein.

2. Jesus sagt: "An dem Feigenbaum lernt ...". D.h. wir sind Lernende. Wir wissen nicht schon alles und müssen das auch nicht. Aber Gott möchte, daß wir unser Leben lang Lernende, Jünger, sind. Wer aufhört zu Lernen im Leben und im Glauben, wird nicht mehr weiter wachsen. Es gibt im Leben keinen Status, an dem wir sagen könnten, wir haben ausgelernt, weil wir jetzt alles wissen und können.

 

 

Das nicht vergehende Geschlecht

Wer ist mit dem nicht vergehenden Geschlecht (V. 34) gemeint?

Mehrere Varianten:

a) Entweder die lebende Generation. In diesem Fall bezieht sich V. 32-34 auf die Zerstörung von Jerusalem 70 n.Chr. Damals traten die genannten Zeichen ja alle ein. (Kap. 24, 1ff)

b) Das Geschlecht der Juden. Die Juden haben als Volk bis in unsere heutige Zeit überlebt, obwohl sie fast 1900 Jahre kein eigenes Land besaßen. Die Ausführungen in V. 32 - 34 würden sich auf das Kommen Jesu (so wie ab V. 36) beziehen.

 

Himmel und Erde werden vergehen

Diese emminentschwerwiegende Tatsache mit extrem weitreichenden Folgen zitiert die Bibel in einem Halbsatz und stellt es als gegebene Tatsachen hin. Was steckt alles dahinter?

Aber die Bibel kann dies so sagen, weil noch eine andere Aussicht da ist: "Meine Worte werden nicht vergehen".

Alles Materielle, räumlich und zeitlich Begrenzte wird ein Ende haben, aber Gott besteht über alles hinaus, weil er unabhängig von Material, Raum und Zeit ist.

Ich denke, der Vers 35 soll unserem Blick eine andere Dimension verleihen. Er soll eindrücklich darstellen, wie wesentlich und zentral der Blick zu und die Bindung an Gott ist, während die Bindung an das Materielle und Irdische vielleicht im Moment schön ist, aber auf die Ewigkeit bezogen keinen Bestand hat, weil dies irgendwann einmal nicht mehr existieren wird.

 

Der Tag ist unbekannt

Hier herrscht ein scheinbarer Widerspruch zwischen den Versen 32-34 und dem Vers 36: Der erste Teil sagt aus, daß wir die Zeichen deuten sollen, um zu wissen, wann Gottes Wiederkunft bevorsteht, während der zweite Teil scheinbar das Gegenteil aussagt.

Ich denke, daß der erste Teil uns zur Wachsamkeit mahnen soll, und der zweite Teil uns in der Wachsamkeit erhalten (vor falscher Sicherheit bewahren) soll.

Warum hat Gott diesen Tag verborgen? Der Kirchenvater Augustinus sagte einmal: "Den einen Tag hat uns Gott verborgen, daß wir achthaben auf alle Tage."

"Wachet, denn nur der Vater weiß den Tag" heißt demnach, daß wir uns auf keine Sicherheiten verlassen können, z.B. wie bei einer Versicherung.

Bsp.: Wenn wir eine Autounfallversicherung abgeschlossen haben, wissen wir, daß wenn ein Materialschaden eintritt, wir ihn ersetzt bekommen. Haben wir keine abgeschlossen, müssen wir sehr auf der Hut sein, damit nichts passiert.

Solche Absicherungen, wie daß wir den Tag gerne wüßten, entspricht zutiefst unserem menschlichen Wesen. Wir wollen immer am liebsten über alles im Voraus Bescheid wissen.

Wenn wir's nicht wissen, werden wir oft unruhig.

Geht's Ihnen nicht auch manchmal so, daß sie in einer Sache, die bevorsteht, am liebsten einen Zettel vom Himmel hätten, was der richtige Weg ist?

Oder in unverständlichen Dingen die direkte Antwort von Gott, welchen Sinn die Ereignisse besitzen?

Aber Gottes Prinzip sieht eben anders aus als unser menschliches Wesen. Während wir Menschen immer am liebsten alles wissen wollen, läßt uns Gott ganz bewußt über einige Dinge im Unklaren, und gibt uns auch von zukünftigen Dingen und Wegen meist nur das nächstliegende oder genau so viel, wie wir wissen müssen, bekannt.

Warum macht Gott das?

Gleicher Grund: Daß wir achthaben auf alle Tage. Daß wir jeden Tag in der Abhängigkeit von Gott leben, und uns auch mit unserem Leben seiner Hand und seiner Führung anvertrauen.

Wenn wir alles bereits im Voraus wissen und alle Gründe kennen, neigen wir sehr stark dazu - und das ist eben die andere menschliche Seite - Gott zu vernachlässigen, weil wir ihn dann ja nicht mehr brauchen bzw. auf ihn angewiesen sind.

 

Wachet, denn der Alltag schläfert ein (VV. 37-39)

Wie war's in den Zeiten Noahs?

Matthäus zählt hier ganz gewöhnliche Dinge auf: Essen, Trinken, Heiraten, Heiraten lassen nichts Schlechtes oder Verkehrtes. Aber indirekt weist er darauf hin, daß sie ihrem Alltagsgeschäft nachgingen und dabei gleichgültig blieben. Gott interessierte sie nicht, der Mitmensch auch nicht und was Noah zu sagen hatte schon gar nicht.

Ich erkenne hier eine starke Parallele zu unserm Leben heute. Die meisten Menschen gehen ihrem Alltag nach, berauben niemanden, stören niemanden, ziehen sich aber zurück und leben für ihre eigenen Interessen. Sie leben gleichgültig gegenüber Gott und ihren Mitmenschen. Bei manchen Menschen ufert diese Gleichgültigkeit - sicher wie zu den Zeiten Noahs - dann auch in kriminelle Handlungen aus. Aber darauf wird in diesen Versen nicht der Schwerpunkt gelegt.

 

Aktualisierung

Es geht um die Gleichgültigkeit. Und da sind wir alle herausgefordert, uns die Frage zu stellen: "Wo lassen wir uns von der Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft anstecken?"

Ich merke auch immer wieder, wie ich mich von dem Trend unserer heutigen Zeit anstecken und einnehmen lasse. Man wird träge, man sieht zunächst seine eigenen Aufgaben und Probleme, man sieht zuerst zu, daß man seine eigenen Anforderungen erledigt und zieht sich gerne zurück, um ungestört zu sein.

Dies sollte uns zu denken geben,

a) weil es ein Hinweis auf Jesu bevorstehende Wiederkunft ist

b) weil wir Gottes Aufruf nach dem "Wachet!" nicht genügend nachkommen.

Was läßt uns in unserer heutigen Zeit schläfrig werden?

× Alltagsstreß

× Bequemlichkeit

× Keine Lust zur Stillen Zeit

× Daß uns das Verlorensein der Anderen gleichgültig läßt

× Absicherung

× Materieller Überfluß

× Wohlstand, direkte Abhängigkeit von Gott fehlt (aber: Paulus: Ich kann beides: arm und reich sein)

 

Wachet, denn heute entscheiden wir für morgen (VV. 40-44)

Welche Situation ist mit V. 40 und 41 angesprochen? Entrückung oder Völkergericht?

Zu V. 40.41:

Zwei können das gleiche tun, wer es ohne Jesus tut (d.h. ohne Jesus lebt), wird zurückbleiben. D.h. es kommt nicht darauf an, was ich tue, sondern wie meine Herzenshaltung ist. Unser Leben wird nicht beurteilt nach dem, was wir tun, sondern danach, mit wem wir's leben.

Wie können wir der Schläfrigkeit begegnen? Wie sieht das "Wachen" konkret aus?

× mit Gott reden (beten)

× von Gott hören (Bibel lesen)

× mit Geschwistern Gemeinschaft und Austausch pflegen

× für Korrektur offen sein

× sich herausfordern lassen (eigenen Schweinehund überwinden)

× nach Gottes Wege (Willen) suchen

Meine Erfahrung ist, daß ich für Dinge, die mir wichtig sind und die ich gerne tue, immer Zeit finde. Übertragen heißt das, wir können übereprüfen, wie wichtig uns Gott ist, an dem vieviel Zeit wir für seine Sache finden. Ob uns die Schläfrigkeit eingeholt hat, oder ob uns das Wachsein treibt.

Die V. 42-44 lassen bei mir eine Frage aufkommen. Kann es sein, daß Menschen, die von Jesus gerettet wurden, auch wieder verloren gehen können? Wäre das nicht ein Widerspruch zu Röm 8,38+39: "Denn ich bin gewiß [ich weiß mit 100%-iger Sicherheit], daß werder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andere Kreatur kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn."

Das Bild vom Dieb und auch die späteren Gleichnisse deuten darauf hin, daß solch ein Abfall möglich ist. Aber nichts geschieht gegen unseren Willen. Ich interpretiere die Verse aus Römer 8 so, daß sie bedeuten: Es gibt rein gar nichts, das auch nur annähernd an die Kraft und Macht unseres Gottes herankommt. Nichts ist stärker als die Stärke Gottes, daher bleibt Gott auch der Sieger über all den Feinden. Und wenn wir uns zu Gott halten wollen, dann brauchen wir auch keine Angst zu haben, daß uns irgendeine Macht von Gott wegreißen könnte, weil nämlich Gott immer noch viel stärker ist und Sieger bleibt.

Doch Gott bindet uns nicht, wenn wir nicht mehr wollen. Und das heißt mit anderen Worten, so hart das auch klingt, eine einmalige Bekehrung ist noch kein Freibrief für den Himmel. Ich schließe aus V. 42-44, daß wir uns nicht in falscher Sicherheit wiegen sollen und dürfen.

Auf der anderen Seite soll es uns aber nicht unnötig Angst einjagen: Ich bin überzeugt, daß Gott nicht nach der ersten geistlichen Müdigkeit uns abstößt. In seiner grenzenlosen Liebe geht er uns immer wieder nach und versucht durch seinen Heiligen Geist, uns immer wieder auf wunde Punkte oder auch geistliche Müdigkeit hinzuweisen. Nur wenn wir uns partout wehren, akzeptiert Gott auch irgendwann unsere Entscheidung.

Wie in allen Bereichen des Lebens ist auch dieser Punkt eine Gratwanderung: Auf der einen Seite gibt uns Gott Verheißungen, daß er die Menschen erlöst, die an Jesus glauben, auf der anderen Seite ruft er aber auch zur Wachsamkeit im Glauben auf, damit wir uns herausfordern lassen, im Glauben nicht träge zu sein, so daß Gott durch unser Leben in dieser Welt für andere Menschen leuchten kann.

Nachtrag zu V. 37-39:

Die Menschen wurden völlig unvorbereitet von der Flut überrascht und von ihr hinweggerissen. Diese Verse sind eine Warnung davor, über irdischen Dingen die Ewigkeit zu vergessen. Sie mahnen uns daran, daß wir uns niemals so sehr durch unsere weltlichen Angelegenheiten, so notwendig sie auch sein mögen, auffressen lassen sollen, daß wir darüber Gott vergessen, daß er der Herr über Leben und Tod ist und daß, wann immer er uns ruft, er uns bereitfinden sollte.

Heute sollen wir uns bereits mit Jesu möglicher Wiederkunft und dem Tod auseinandersetzen, damit wir davon nicht genauso überrascht werden, wie die Menschen zu Noahs Zeit von der Flut. Denn wie unser morgen aussieht, wo wir es verbringen, entscheiden wir heute. Demnach ist unser ganzes Leben eine Vorbereitung für die Begegnung mit Jesus.

1. Wer im Leben nicht wachsam ist, fordert damit das Unglück heraus. Diebe pflegen keine Briefe zu schicken, mit denen sie ankündigen, daß sie in ein Haus einbrechen werden; ihre Hauptwaffe bei verbrecherischen Unternehmungen ist die Überraschung; wer daher wertvolle Sachen in seinem Hause aufbewahrt, muß ständig auf der Hut vor ihnen sein. Um dieses Bild richtig zu verstehen, müssen wir uns klarmachen, daß die Wachsamkeit des Christen im Hinblick auf das Kommen Christi keine Wachsamkeit aus Furcht oder Besorgnis, die uns schaudern lassen, sein soll, sondern ein waches, bewußtes Erwarten von Herrlichkeit und Freude.

2. Wer sagt, es sei immer noch Zeit genug, spricht aus einer Geisteshaltung heraus, die ins Unglück führt. Der Knecht des zweiten Gleichnisses gibt sich der angenehmen Täuschung hin, daß er noch Zeit genug habe, alles in Ordnung zu bringen, bevor sein Herr zurückkomme. Er glaubte, lange überhaupt nicht an die Rückkehr seines Herrn denken zu müssen. In einem Märchen -von drei Teufelslehrlingen, die auf die Erde kommen, um dort ihre Lehrzeit zu beenden, ist von einem Gespräch mit dem Satan, dem obersten der Teufel, die Rede. Sie unterhielten sich mit Satan über ihre Pläne, die Menschen zu versuchen und zu ruinieren. Der erste sagte: Ich werde ihnen sagen, daß es keinen Gott gibt.' Satan erwiderte: Damit wirst du nicht viele Menschen gewinnen, denn sie wissen, daß es einen Gott gibt." Der zweite sagte: "Ich werde ihnen sagen, daß es keine Hölle gibt.' Satan erwiderte: Auf diese Weise wirst du niemanden betrügen; denn schon jetzt wissen alle Menschen, daß es eine Hölle für die Sünder gibt.' Der dritte sagte: "Ich werde ihnen sagen, daß es keine Eile gibt.' "Geh', sagte Satan, "auf die Weise wirst du tausende ruinieren.' Die gefährlichste aller Täuschungen ist die, daß wir übergenug Zeit hätten. Der gefährlichste Tag im Leben der Menschen ist der Tag, an dem sie lernen, daß es das Wort m o r g e n gibt. Es gibt Dinge, die für uns unaufschiebbar sind, denn niemand weiß, ob es für ihn noch ein m o r g e n geben wird.

3. Das Verworfenwerden beruht auf unserem Versagen, das Belohntwerden auf unserer Treue. Dem Knecht, der getreulich seine Pflicht erfüllte, wurde noch mehr Verantwortung übertragen; mit dem Knecht, der versagt und seine Pflicht nicht erfüllt hatte, wurde mit aller gebotenen Strenge verfahren. -Daraus folgt, daß Jesus Christus, wenn er kommt, in uns Menschen vorfinden sollte, die versuchen, der ihnen gestellten Aufgabe gerecht zu werden; ob diese Aufgabe nun groß oder klein sei, spielt dabei keine Rolle. Dann wird das Kommen Jesu Christi für ihn ein Freudentag sein.